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.Kanonkritik

.Kanonkritik

Unter Kanonbildung in der Wissenschaft verstehen wir die Ausbildung eines Text- und Theoriekorpus, der sich durch Wiederholung in Forschung und Lehre sowie durch Zitationspraktiken als zentral für ein Fach etabliert. In der Regel ist dies kein bewusst ablaufender Prozess. Er wird daher häufig von gesamtgesellschaftlichen Inklusions- und Exklusionsmechanismen, Normierungs- und Wertungsprozessen, Macht- und Hierarchiestrukturen geprägt. So ist auch die vergleichsweise junge Disziplin der Medien(kultur)wissenschaft samt ihrer Text- und Wissensproduktion(en) von einem sowohl androzentristisch als auch eurozentristisch strukturierten kanonischen „Norm- und Maßstabcharakter“ durchzogen. Diesen gilt es kritisch zu reflektieren und auf hegemoniale Wissensbestände und ihre (Re-)Produktionen aufmerksam zu machen.

Unsere kanonkritische Arbeit setzt sich aus intersektionaler Perspektive mit dem bestehenden Medienartefakte- und Literaturkanon innerhalb der deutschsprachigen medien(kultur)wissenschaftlichen Forschung und Lehre auseinander und strebt mit Blick auf inter- sowie transnationale Diskurse eine Dekolonialisierung derselben an – und damit auch die Schwächung weißer Zitierkartelle.

Im Fokus steht dabei die kritische Reflexion sowohl historischer als auch zeitgenösssicher Kanonbildung. Indem hegemoniale Konstitutionsprozesse und -dynamiken sowie die mit ihnen einhergehenden Ein- und Ausschlussmechanismen befragt werden, sollen sowohl eine Selbstreflektion der Lehrenden als auch eine Sensibilisierung von Studierenden ermöglicht werden.

Teil der kanonkritischen Arbeit ist die Erarbeitung von Handreichungen für die Lehre, gezielt für die Literaturauswahl der Propädeutika, sowie die Erstellung und Pflege der Kanonkritischen Literatursammlung Medienwissenschaft, die insbesondere postkoloniale Perspektiven und solche aus dem Globalen Süden aufnehmen und darin verstärken soll.

.Kanonkritische Literatursammlung Medienwissenschaft

Die «Kanonkritische Literatursammlung Medienwissenschaft (KLM)» ist eine öffentliche und partizipatorische Web-Library im Literaturverwaltungsprogramm Zotero. Ziel der «KLM» ist es, Studierende, Lehrende und Forschende niedrigschwellig auf Texte, Themen und Autor*innen aufmerksam zu machen, die im Feld der Medienwissenschaft noch immer marginalisiert werden. Die Literaturdatenbank folgt einem intersektionalen Verständnis von anti-rassistischer und dekolonialer Forschung an den Schnittstellen zu Gender und/oder Queer Studies, Klassismus- und Ableismusforschung sowie politischer (Ökonomie-)Theorie und feministischer Theorie. Dabei geht es weniger darum, einen alternativen oder gegenhegemonialen Kanon zu schaffen. Vielmehr soll die «KLM» über die Zotero-Funktionen Tagging, Relating, Commenting und über die Möglichkeit des Forkens zur kritischen Reflexion, Bearbeitung und Dekonstruktion des diskursiven Machtapparats «Kanon» einladen. Dabei geht es um mehr, als Schwarze, indigene und andere Perspektiven of Color zum bestehenden vorwiegend weißen und männlichen Kanon hinzuzufügen. Vielmehr soll mit der Liste ermöglicht werden, Texte, die in der Medienwissenschaft als kanonisch gelten, zu kontextualisieren und ihre Machtbeziehungen zu kritisieren. Mit der Sammlung wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Sie ist ein kollektives und partikulares Werkzeug, das durch Verhandlung und Austausch ständig verändert wird und von allen Interessierten ergänzt und umgeschrieben werden kann.

 

Zotero-Link zur «Kanonkritischen Literatursammlung Medienwissenschaft (KLM)»

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